Platz-Hirsch
Amsterdam (Niederlande), 25. Juni 2013 - Schnurgerade führt die Straße an Windrädern entlang durch die satten grünen Weiten der Niederlande. Ganz nett, aber auf Dauer fast etwas langweilig: Was für die Landschaft zutrifft, passt irgendwie auch zum VW Golf Variant. Wir sind die Neuauflage des Lademeisters bereits gefahren.
Große Gefühle
Obwohl wenig überraschend der Nutzwert beim Kombi-Golf im Vordergrund steht, stehen die VW-Designer anscheinend kurz vor einem Orgasmus: "Deutlich dynamischer" sei das Design des neuen Variant, "mehr Emotionalität" wollte man in die Optik bringen. Für VW-Designchef Klaus Bischoff ist es sogar "der schönste Variant, den wir je hatten". Mein Blutdruck ist glücklicherweise im normalen Bereich, als ich einen Rundgang um den Golf Variant starte. Unverkennbar ist die Verwandtschaft zur Golf Limousine, ein nettes Detail ist die im Familienstil geformte D-Säule. Sparsam gesetzte Blechfalze lassen die Neuauflage in der Tat stimmiger aussehen als den etwas pummeligen Vorgänger, wenngleich die Optik nach wie vor nicht für Herzrasen sorgt. Aber das ist auch nicht Sinn der Sache, wie ein nüchterner Blick auf die Fakten zeigt.
Ein bisschen was geht immer
Mit nun 4,56 Meter hat der neue VW Golf Variant um drei Zentimeter zugelegt, ist aber immer noch rund zehn Zentimeter kürzer als der Skoda Octavia Combi. Verlängert wurde der Radstand, er beträgt jetzt 2,63 Meter. Entscheidend ist natürlich das Hinterteil des in Zwickau gebauten Variant beziehungsweise dessen Inhalt. Also Heckklappe auf (sie öffnet angenehm hoch) und in den Kofferraum geschaut. Eine Luke von 1,03 Meter Breite erleichtert gemeinsam mit einer 63 Zentimeter niedrigen Ladekante die Befüllung des Gepäckreservoirs. Hinein passt wahrlich genug: 605 Liter mindestens, maximal unters Dach gestapelt sind es 1.620 Liter. Für alle Fans schwedischer Möbelhäuser noch interessanter ist die Laderaumlänge. Sie beträgt 1,83 Meter bis zur Lehne des Fahrersitzes. Ab der Comfortline-Ausstattung kann auch die Lehne des Beifahrersitzes umgeklappt werden, dann passen sogar 2,67 Meter hinein. Immer an Bord sind ein variabler Gepäckraumboden sowie die beiden links und rechts montierten Zughebel nahe der Kofferraumöffnung. Mit einem Handgriff klappt das jeweilige Segment der Rücksitzlehne nach unten und sorgt für eine fast ebene Fläche. Nicht fehlen darf der Blick auf die konzerninterne Konkurrenz, die beim Gesamtvolumen etwas mehr bietet: Beim Skoda Octavia Combi sind es 610 bis 1.740 Liter, der VW Passat schluckt 603 bis 1.731 Liter. Indes wird wohl kaum ein Kombi-Fahrer sein Auto bis zum Anschlag vollstopfen.
Hier spielt Otto
Anders als der Passat Variant soll sich der Kombi-Golf stärker an Privatkunden richten. Hier werden nicht so sehr Kilometer auf der Autobahn geschrubbt, weshalb wir für unsere Testfahrt einen Benziner wählen. Die Auswahl beginnt im Otto-Segment beim 1.2 TSI mit 85 PS, aber diese Motorisierung will VW der anwesenden Journaille ersparen. Daher schnappen wir uns den 1.4 TSI mit 122 PS. Mit DSG? Lieber nicht, schließlich hat VW momentan weltweit mit Problemen des Doppelkupplungsgetriebes zu kämpfen. Der erste Eindruck im Cockpit des Golf Variant: Kennste einen, kennste alle. Die Bedienung erfolgt fast intuitiv, wenngleich immer mehr Tasten für immer mehr Assistenzsysteme hinzukommen. Hinsichtlich der Verarbeitung gibt es nichts zu meckern, allerdings wirken die Kunststoffe kaum hochwertiger als im Skoda Octavia. Tipp: Wenn es nicht sein muss, auf die Highline-Ausstattung verzichten. Die dort verbauten Klavierlack-Zierleisten sehen ziemlich aufgesetzt aus und ziehen Staub magisch an. Bequemlichkeit ist Trumpf, was die Polster angeht: Auf Wunsch ist ein 14-fach verstellbarer Fahrersitz mit dem Siegel der "Aktion Gesunder Rücken" (AGR) erhältlich. Doch schon die Serienausführung ist angenehm straff gepolstert und gut ausgeformt. Prima ist das Platzangebot im Fond. Selbst wenn sich vorne ein 1,90-Meter-Mann räkelt, lässt es sich hinten noch problemlos aushalten.
Harmonie unter der Haube
Jetzt aber genug der Theorie, Motor gestartet und los geht's: Schon nach kurzer Zeit zeigt sich, dass der 122-PS-Benziner ein sehr guter Antrieb für den Golf Variant ist. Anders ausgedrückt: Passt. Extrem laufruhig schnürt der Kombi über Landstraßen und die Autobahn, dazu gesellt sich die exakt geführte Sechsgang-Schaltung. In 9,7 Sekunden wird der Golf Variant von null auf 100 km/h gezogen. Das gut abgestimmte Fahrwerk kapituliert erst bei wirklich rüden Straßenschäden. Getrübt wird das ausgewogene Bild beim Komfort lediglich durch die optionalen 17-Zöller, hier gilt: Weniger ist mehr. Eine altbekannte VW-Schwäche ist die um die Mittellage indifferente Lenkung, etwas mehr Präzision wäre wünschenswert.
Extras für alle
Wünschen liefert ein gutes Stichwort für den Blick in die Preisliste des im August 2013 startenden Golf Variant. Den 122-PS-Benziner gibt es erst ab der mittleren Ausstattung namens "Comfortline" für 23.525 Euro. Inklusive sind hier unter anderem 16-Zoll-Alus, vier elektrische Fensterheber, Parkpiepser vorne wie hinten (nicht verkehrt, da die D-Säule ganz schön breit ist), eine Klimaanlage oder auch ein Touchscreen-Radio. Zum Vergleich: Der gleich starke Passat Variant kostet schon in der Basisversion 2.875 Euro mehr, beim Skoda Octavia Combi sind es ausstattungsbereinigt 95 Euro mehr, allerdings gibt es hier vorerst nicht das 122-PS-Aggregat, sondern gleich satte 140 PS unter der Haube. Ein Vorteil für den Golf: Er bietet mehr Assistenzsysteme als der Skoda. Sie sind aber Geschmackssache, zumal für den Einbau oft andere teure Optionen notwendig sind. Empfehlenswert sind zwei andere Dinge: Zum einen das Upgrade auf die Klimaautomatik für 365 Euro, zum anderen das Business-Premium-Paket inklusive Navi-Funktion für das Radio. Das Paket kostet 1.650 Euro und bietet darüber hinaus einen Tempomat, eine Sitzheizung vorne, den rückenschonenden AGR-Fahrersitz und Lendenwirbelstützen vorne. Leider entfällt dafür die umklappbare Beifahrersitzlehne. Macht unter dem Strich 25.540 Euro. Gewiss viel Geld, doch unter dem Strich immer noch billiger als ein Passat Variant.
Technische DatenAntrieb Frontantrieb
Anzahl Gänge: 6
Getriebe: Schaltgetriebe
Motor Bauart: Benziner mit Turboaufladung und Direkteinspritzung
Leistung: 90 kW (122 PS) bei 5.000 UPM
Hubraum: 1.395
Drehmoment: 200Nm bei 1.500 - 4.000 UPM
Anzahl Ventile: 4
Anzahl Zylinder: 4
Preis
Neupreis: 23.525 € (Stand: Juni 2013)
Fazit
Warum eigentlich noch Passat Variant kaufen? Für den großen Bruder des VW Golf Variant wird die Luft bis zum Modellwechsel 2014 sehr dünn. Völlig wertneutral muss festgehalten werden, dass VW hier ein stimmiges Gesamtpaket aus Platz und Komfort auf die Räder gestellt hat. Sogar die Optik vermag jetzt zu überzeugen, wenngleich immer noch gilt: Ein Golf ist ein Golf ist ein Golf. Doch das lässt sich VW natürlich gut bezahlen, obwohl inzwischen schon die Ausstattung ab Werk ordentlich ist. Angesichts der Fülle an Optionen sollten sich Interessenten selbst prüfen: Was brauche ich wirklich?
Siehe auch:
Cd-wechsler in der mittelarmkonsole
aus- und einbauen
Golf/golf plus
Ausbau
Hinweis: zum ausbau des gerätes sind 2 entriegelungsschlüssel
3316 von vw nötig. Sie können über einen vwfachbetrieb
bezogen werden.
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